Michael Gira – Ein Abend in der Volksbühne

Grund war der Musiker Michael Gira, der, nicht nur um seine neue, mit der Band Swans eingespielten, Platte, die am 15.06.16 erscheinen wird, zu promoten, sondern in einem Solo-Konzert, Stücke daraus vorzustellen.

Im Vorprogramm agierte der langjährige Freund und Mitstreiter bei den Swans, Kristen Hahn.
Mit einem dazugeholten Kollegen absolvierte er wunderschöne abstrakte Feedbackstrecken, die interessanter Weise durch ihre Kürze wirkten, als hätten die Soundmeister Sunn O))) eine ihrer stundenlang dauernden Sassions auf Singleformat zusammen gedampft.
Hahn, mit zurückgestriegelten grauen Haaren, schwarzen Westernhemd, seinen tiefen Furchen in Gesicht ließ denken, er sei der Bruder von Michael Gira, der wiederum mit streng verknotet Pferdeschwanz und verstärkt mit einer elektrisch verstärkten akustischen Gitarre auf der Bühne Platz nahm.
Im Gegensatz zu Hahn, der grundsätzlich den melodisch orientierten Weg nahm, neigte Gira als Solist eher zu harmonischen Skizzen, besser: Schraffuren, Fragmente, über die vor allen Dingen seine Stimme lag.
Somit befreite er Songs der Swans und Angles of Light von den tonnenschweren Noisegewichten.
Stakatoartige Töne, die hart und unvermittelt mit der Gitarre intoniert, seine dann wieder tragende Stimme, die an Tiefe nichts zu wünschen übrig ließen, genügten, um der tendenziellen Eintönigkeit wirkungsvoll Ausdruck und Präsenz zu verleihen.

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Warum ich aber den Abend trotzdem mit einem unguten Gefühl verließ, muss leider auch kurz erzählt werden.
Nicht nur, dass Michael Gira unnötig barsch, ja geradezu aggressiv, auf das Fehlen des Tonmeister reagierte, oder die Smartphone-Fotografen anblaffte, zeigte die momentane Dünnhäutigkeit von ihm.
Die liegt darin begründet, dass ihn seine ehemalige Kollegin Larkin Grimm der Vergewaltigung bezichtigt, die bei gemeinsamen Aufnahmen 2008 geschehen sein soll. (Link)
Gira bestreitet das und verarbeitet das auf dem neuen Swans – Album „The Glowing Man“.
Hier wird die Beinahe-Vergewaltigung seiner jetzigen Frau Jennifer in dem Titel „When Will I Return“ verarbeitet, die sie auch noch gleich selbst besingt.
Dass aber Gira diesen Titel an diesen Abend aus der Ich-Perspektive zur Wanderklampfe singt, finde ich schon etwas befremdlich.

Ich hätte darauf verzichtet, klingt das auch etwas befremdlich.

Die Stühle in der Volksbühne, die zunehmend schlechter werdende Luft und ein sich anbahnender Krampf im Oberschenkel verwehrten mir die noch folgenden Zugaben.

Sei es drum,  am 18.10. spielt Michael Gira, (mit Kristof Hahn, Norman Westberg, Kristof Hahn, Phil Puleo, Christopher Pravdica und dem Mensch gewordenen Großereignis Thor Harris) in Berlin, um mit eingespielter Besetzung die Bühne zum Beben zu bringen.
Als siebter Schwan ist Bill Rieflin (King Crimson, Ministry, R.E.M) dann auch noch dabei und eben auch Giras Frau Jennifer.

 

 

Link zu: SWANS im Berghain 21.10.2014

Eine Antwort zu Michael Gira – Ein Abend in der Volksbühne

  1. Frank F. schreibt:

    Ich war auch bei diesem Konzert und kann dir nur beipflichten. So zickig habe ich Gira auch noch nicht gesehen/gehört. Die Anschuldigungen, seien sie gerecht oder ungerecht, nagen an seinem Selbstbewusstsein.
    Wo viel Licht ist auch viel Schatten – Summasumaru ein gutes – nicht das Beste – Konzert.

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