So werden Die Söhne Mannheims zu Staatsfeinden

 

Folgende Sätze gehören zum Fundament unseres Gemeinwesens: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ und „Eine Zensur findet nicht statt.“ So steht es im Grundgesetz. Wer ein herausgehobenes öffentliches Amt bekleidet, sollte dies besonders achten, weshalb sich Regierungsmitglieder in Bund und Ländern, sowie Landräte und Bürgermeister in ihrem jeweiligen Amtseid dazu verpflichten. In Baden-Württemberg lautet die Eidesformel beispielsweise: „Ich schwöre, dass ich mein Amt nach bestem Wissen und Können führen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und das Recht achten und verteidigen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz müsste demnach diesen Eid geleistet haben und die freie Meinungsäußerung in seiner Stadt verteidigen.

Doch die Stadtväter gehen lieber eilig auf Distanz, wenn Xavier Naidoo, Frontmann der „Söhne Mannheims“, ein wütendes Lied mit dem Titel „Marionetten“ singt. Und weil sich manch ein Politiker angegriffen fühlt, prangerte der Oberbürgermeister die „Staatsfeindlichkeit“ des Liedes an. Unser Kurzzeit-Bundespräsident Christian Wulff nutzte die Gelegenheit, kurz aus dem Tal des Vergessens aufzutauchen, um mit einer Bekräftigung dieses Vorwurfs in die von ihm offenbar schmerzlich vermissten Medien zu kommen. Deutschland ist also wieder an dem Punkt angelangt, wo Kritik an Staat und Politik nicht mehr erlaubt sein soll, wenn es nach den selbsternannten Gesinnungswächtern geht.

Weil staatliche Auftrittsverbote noch nicht wieder opportun sind, springen die willigen Helfer aus dem staatsfinanzierten Kampf gegen Rechts in diese Lücke: Im bayerischen Rosenheim hat sich eine „Bürgerinitiative“ gegründet, die ein Auftrittsverbot für die „Söhne Mannheims“ in der Stadt fordert. Damit dieser Aufruf eine möglichst große Resonanz bekommt, wird im Spiegel darüber berichtet.

Überhaupt lässt es einen frösteln, wenn aus einer Redaktion, die sich einst als „Sturmgeschütz der Demokratie“ verstand, Sätze wie dieser kommen:

„Das ist die umstürzlerische, staatsfeindliche Rhetorik von Pegida und der AfD-Rechten, die sich schon im Titel eines gängigen Antisemitismus-Bildes bedient: Politik und Staat als Marionetten einer jüdisch-amerikanischen Finanzverschwörung.“

Der Autor dieser Zeilen, der „Spiegel Online“-Kulturredakteur Andreas Borcholte lässt seine Leser leider nicht wissen, an welcher Stelle er in dem sicherlich stellenweise wütenden Lied die „jüdisch-amerikanische Finanzverschwörung“ angeprangert sieht. Aus dem Liedtext selbst erschließt sich das nicht zwingend. Aber wenn es um „umstürzlerische, staatsfeindliche Rhetorik“ geht, darf auch schon mal ein eingestreuter Verdacht reichen.

Wer sich solcher Epitheta bedient, muss sich fragen assen, in wessen Denke er sich bewegt. Diese Attribute hat die SED-Propaganda einst auch zur Kennzeichnung von „Staatsfeinden“ in der DDR benutzt. Aber wir wollen „Spiegel Online“ ja nicht mit den Verlautbarungsorganen der untergegangenen Diktatur gleichsetzen, denn er bietet etwas, das es früher nie gegeben hätte: einen Link zum ganzen Liedtext, damit man sich auch selbst ein Bild machen kann.

 „Und der Hass – Der steigt!
Und unsere Wut- sie treibt!

Ich mach mich warm, weil der Dunkelheitseinbruch sich nähert
Die nächste Bullenwache ist nur ein Steinwurf entfernt…
Bin bei Weitem nicht frei von Sünde
Aber trete vor zum Werfen“

In diesen Versen ist alles vorhanden, was Borcholte anprangert. Leider stammt der Text nicht vom Staatsfeind Naidoo, sondern von der vom Bundesjustizminister Heiko Maas hochgelobten Truppe Feine Sahne Fischfilet“. Im Kampf gegen Rechts ist alles erlaubt. Dafür gibt es sogar Fördermittel aus dem Hause Schwesig – im Namen von Vielfalt und Toleranz.

In öffentlich-rechtlichen Medien stört derlei nicht, dafür aber Xavier Naidoo. So zieht sich NDR 2 von einem Festival in Hannover zurück, wo die „Söhne Mannheims“ am 26. Mai auftreten sollen. Noch interessanter, um nicht zu sagen verlogener, ist die Haltung des Senders Bremen Vier, der seine Zusammenarbeit mit den „Söhnen Mannheims“ beendete. Mit staatsfeindlichen Hetzern will man nichts zu tun haben. Gleichzeitig macht „Bremen Vier“ Werbung für „Feine Sahne Fischfilet“.

Vom Hörer H.K. darauf angesprochen, antwortet der Programmleiter Helge Haas:

Moin Herr K.,
danke für Ihre Mail, Ihr Lob und Ihre Kritik.

Der Auftritt von „Feine Sahne Fischfilet“ fand im Rahmen des Hurricane-Festivals statt – wir haben also nicht die Tour der Band beworben, sondern ein Festival, bei dem die Band zusammen mit knapp 100 anderen auf dem LineUp standen.
Trotzdem bin ich mit dieser Empfehlung nicht glücklich und wir haben diese in der Redaktion kritisch besprochen. Denn auch wenn die Band im Verfassungsschutzbericht 2016 nicht mehr auftaucht, müssen wir sie nicht empfehlen.
Beste Grüße!
Helge Haas

So sieht die Nicht-Empfehlung aus: „Müsst Ihr sehen: Feine Sahne Fischfilet, weil: …diese Band sich konsequent weiterentwickelt hat und dabei dem Punk und der politischen Haltung treu geblieben ist.“

Vielleicht sollte es Naidoo mal mit einem Song gegen die „Bullen“ versuchen.

 

Selbstverständlich gibt es auch andere Meinungen:

Bernhard Torsch/konkret: http://www.konkret-magazin.de/aktuelles/aus-aktuellem-anlass/aus-aktuellem-anlass-beitrag/items/voice-of-germany.html

Andreas Bocholte/spiegelonline: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/xavier-naidoo-eklat-um-marionetten-zerstoerer-statt-saviour-a-1146302.html

 

Foto: franksteinhofer.com

 

Hinterlasse einen Kommentar