Eine große deutsche Band

 

Es begab sich zu einer Zeit und es ist viele Jahre her, dass ich eine weltbekannte Band nach der Show im Velodrom zur Aftershow in den Prater fahren sollte.

Sechs Leute stiegen ein und ich fuhr los.
Sekunden nach Abfahrt machte sich der süßliche Duft von Cannabis im Fahrzeug breit.
Ich machte die Fahrgäste drauf aufmerksam, dass ich es nicht wollte, dass hier im Fahrzeug gekifft wird. „Mann, habe dich doch nicht so!“ war die Antwort.
Klar, hätte ich es erdulden können, aber, ich verantwortlich für meine Gäste und wie der Teufel es will, kommt man in eine Verkehrskontrolle und wie sollte ich erklären, dass ICH nicht auf Droge bin. Außerdem bekomme ich Kopfschmerzen davon.
Wiederwillig wurde der Konsum eingestellt.
Für mich schien die Sache erledigt.

Ca. zwei Stunden später, es war so gegen 2 Uhr nachts rief mich die Plattentante an und fragte, ob es irgendwelche Probleme auf der Fahrt gegeben hätte. Ich verneinte. Eine viertel Stunde später rief mein Chef an und erklärte mir, dass es wohl eine Beschwerde gegeben hätte. Ich erklärte den Sachverhalt und alles war gut. Stieß sogar auf Verständnis.
Der Job verlief dann ohne Probleme weiter und zu Ende.

Circa zwei Jahr später fuhr ich einen Maskenbus nach Rüdersdorf, in das dortige ehemalige Zementwerk, wo die Band ein Video zu dem Titel „America“ dreht.
Dort angekommen, ich räumte gerade das Wohnmobil ein und aus, als sich drei Mitglieder der Band nährten und aus der Gruppe heraus erschallt es des Satz: “ Kiek mal, da iss ja der, der uns das Kiffen verboten hat.“
Nachhaltig, dachte ich.

Weitere zwei Jahre später erhielt ich den Auftrag, eben aus dieser Band, eine Person von Tegel nach Sumt zu bringen.
Der Gast stieg ein und ab ging es.
Während der Fahrt auf der Autobahnblickte mich mein Fahrgast immer von der Seit an und fragt mich, dass er mich von irgendwo her kenne.
„Ja“ sagte ich, „ich bin der, der euch vor Jahren das Kiffen im Fahrzeug verboten habe!“. „Mensch ja, ick erinna mir“ sagte mein Begleiter. „Dit war ooch dit erste Mal, dass uns een Fahra in die Schranken wies. Ja, damals hatten wa ooch extrem jekifft und anderes Zeug einjeworfen.“
Nachhaltiger Eindruck, dachte ich mir wieder.

Es verging wieder eine Zeit, bis ich wieder die Gelegenheit bekam, die Band zu fahren.
Dieses Mal war es meine Aufgabe, Teile der Band von Schönefeld in den Norden der Stadt zu fahren. Eben nach Prenzlauer Berg und wieder nach Sumt.
Vier Personen stiegen ein und los ging es in die Nähe der Prenzlauer Allee, zum Gleim-Tunnel, zum Hermann-Hesse-Platz und eben nach Sumt.
Die Stimmung war ausgelassen bis zu der Frage, woher man mich kenne.
Der „Sumter“ erwähnte gleich, dass ich doch der Fahrer sei, der ihnen vor Jahren den Gebrauch von Drogen im Fahrzeug verboten hätte.
Das Gejohle war groß.
Alle versicherten, dass sie damals NIE gekifft hätten – außer eben der Hinweisgeber, der zunehmend verstimmter wurde.
Ja, es war eine lustige Fahrt.
Verabschiedung der Fahrgäste und Absprache, wann ich sie wieder in zwei Tagen abholen würde.
Zwei Tage später die Abholung Sumt, durch den Prenzlauer Berg nach Schönefeld und wieder das Geläster um den Drogenkonsum des „Sumter“.
Alle fanden es lustig, außer der angesprochenen Person.

Zwei Tage später dasselbe Spiel. Abholung Schönefeld, nur, dass der Sumter Fahrgast schon extrem angefressen war und als wir verkehrsbedingt ca. einen Kilometer vor seinem Haus anhalten musste, stieg er aus und sagte mir, dass ich ihn übermorgen nicht abholen solle, er würde selbstständig anfahren und trottete davon.
So weit, so gut.
Das Management wurde informiert und die Fahrtroute umgestellt.

Als ich dann den Rest der Truppe abholte, wurde ich gleich gefragt, warum ich den „Sumter“ nicht dabei hätte.
Ich erzählte von seinem Wunsch, selbst nach Schönefeld fahren zu wollen – wieder lautes Gelächter.
Es begab sich nun, dass er auch in Schönefeld ankam, durch die Kontrolle ging und auf der anderen Seite warten musste, bis die Andern, die ich gebracht hatte, auch durch die Kontrolle waren.
Da ich „Vorfeld“ hatte, musste ich, nach dem Ausladen der Gäste und dessen Gepäck, zu einem andern Tor, um auch auf das Rollfeld zu gelangen.
Also pickte ich die Truppe auf der Flughafenseite wieder auf und brachte sie zu ihrem Flieger.
Der kurze Weg dahin wurde wieder dazu genutzt, dem „Sumter“ seine Drogenvergangenheit unter die Nase zu reiben: „Du hast damals sovülle Drogen einjeworfen, so dass du dir heute janisch trauen tust, een Kind uff de Straße zu schlajen, weil du janisch weeßt, ob dit nisch dein iss.“ – war noch human.
Wieder zwei tagespäter das gleiche Spiel: Vorfeld, zum Flieger, die Vier eingesackt und raus.
„Da ist ja wieder dein Freund“ schallte es, als man meiner angesichtig wurde.
Ich glaube, der „Sumter“ war froh, als er am Parkplatz aussteigen durfte und mit seinem Wagen alleine nach Hause fahren durfte.

Ja, dass war er wohl.

Eine kurze Fahrt in die Vergangenheit, die wohl keiner mehr wahr haben möchte, eine kurze Fahrt zum Parkplatz.
Ganz neben bei: der „Sumter“ hat gerade ein Buch heraus gebracht, wo er seinen „Werdegang“ vom Prenzlauer-Berg-Kind zum Weltstar beschreibt.

Ich selber habe dieses Buch noch nicht gelesen, aber mein Freud Kersten ist voll des Lobes. Vielleicht sollte ich mir das mal borgen und lesen, ist bestimmt unterhaltsam.
Schon der Untertitel verheißt „An was ich mich so erinnern kann“.

Der Sonntagsfahrer1954

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